Feuer, Erde, Wasser – drei Elemente, die für den Menschen lebensnotwendig sind, ihn aber auch zerstören können. Nicht ohne Grund wählte die in Kanada lebende indische Regisseurin Deepa Mehta (Bollywood Hollywood) daher drei der Grundelemente als Titel ihrer Filme, die sich sowohl mit der schöpferischen Kraft des Lebens als auch seiner zerstörerischen Gewalt beschäftigen. Im Zentrum der Trilogie steht das Leben der Frauen in Indien im Konflikt zwischen Tradition und Moderne, Individuum und Gesellschaft.
Fire, der1996 entstand, zeigt das Leben einer indischen Mittelstandfamilie im modernen Neu-Delhi. Radha lebt seit 16 Jahren in einer arrangierten Ehe. Da sie keine Kinder bekommen kann, hat ihr Mann Ashok sich dem Glauben zugewandt. Ihre persönlichen Sehnsüchte und Wünsche hat sie tief in sich begraben. Doch als ihre junge Schwägerin Sita in ihr Leben tritt, die nicht hinnehmen will, dass ihr Mann sie mit einer Geliebten betrügt, beginnt zwischen den beiden vernachlässigten Frauen eine zarte Liebe zu keimen – auch im heutigen Indien noch immer ein unaussprechliches Tabu.
Der zweite Film Earth entstand 1998 und spielt 1947 in Lahore, damals noch Teil von Britisch-Indien, heute Pakistan. Der Film schildert aus der Sicht des achtjährigen Parsen-Mädchens Lenny die blutigen Konflikte und religiösen Unruhen, die die Teilung des Landes anlässlich seiner Unabhängigkeit vom britischen Kolonialreich begleiteten. Lennys wohlhabende Eltern sind den Briten zugeneigt und verhalten sich neutral, während um sie herum ehemalige gute Freunde aufgrund ihrer verschiedenen Religionen aneinander zu Mördern werden. Während Fire stellenweise noch arg ambitioniertes Kunstkino ist, ist Earth zutiefst aufwühlend und packend und vor allem exzellent in Szene gesetzt. Die Stimmen der Vernunft und der Liebe, verkörpert vom Muslim Hassan und Lennys bildhübschem Kindermädchen Shanta, einer Hindu, werden brutal zum Schweigen gebracht.
In Water, der 2005 in Sri Lanka entstand, nachdem die Dreharbeiten in Indien 2002 nach tumultartigen Szenen und Morddrohungen abgebrochen werden mussten, zeigt sich Deepa Mehtas filmische Kunst auf höchstem Niveau. Völlig zu Recht war der Film 2007 für den Oscar als bester fremdsprachiger Film nominiert. Während die nationale Unabhängigkeitsbewegung um Ghandi in Indien 1938 immer mehr Anhänger gewinnt, wird die achtjährige Chuyia, die sich noch nicht einmal an ihre Hochzeit erinnern kann, zur Witwe. Den Rest ihres Lebens soll das vor Lebensfreude sprühende Kind nun in einem asketischen Witwenheim verbringen, ausgeschlossen von der Gesellschaft, als unrein verachtet und ohne jegliche Hoffnung auf irgendeine Zukunft. Die Freundschaft zu der schönen jungen Witwe Kalyani gibt Chuyia neuen Mut, doch als diese sich in einen jungen Anhänger Ghandis verliebt, kommt es zur Katastrophe.
Allen drei Filmen sind die betörend schönen Bilder gemein, die in der exotischen Farbenpracht schwelgen und deren poetische anmutende Stimmung meist im harten Kontrast zur grausamen Wirklichkeit stehen. Mehta analysiert präzise und erbarmungslos die Probleme der indischen Gesellschaft und verpackt ihre Geschichten dabei geschickt in romantische Liebesgeschichten. Die Charaktere und ihren Handlungen bleiben stets nachvollziehbar, auch wenn die zum Teil unvorstellbare Gleichgültigkeit und Grausamkeit vor allem den Frauen gegenüber manchmal nur schwer zu ertragen ist. Mit dem bunten, melodramatischen Kitsch der Bollywood-Filme haben Deepa Methas Filme allerhöchstens den Lokalkolorit gemeinsam. Die Fragen, die sie stellt, sind heute so aktuell wie eh und je: Ist Religion wichtiger als das eigene Gewissen? Aufrüttelnd, bewegend und ergreifend – unbedingt empfehlenswert! -- Birgit Schwenger (amazon.de) (Sprachen: D, GB, Hindi, teilw. nur mit dt. Untertiteln. Extras: Interviews, Dokumentation)
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Verfasserangabe:
Regie: Deepa Mehta
Jahr:
2009
Verlag:
München, Universum Film
Aufsätze:
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Fußnote:
Orig.: CDN, Indien, 1996 - 2005. - FSK: ab 16